Kommentar. Fragen zum Thema. Kapitel XX. Die deutsche Literatur im 20. Jahrhundert II
Kommentar die Wilhelminische Zeit umfasst den Zeitraum von 1890 bis 1918, der die Regierungsjahre Wilhelms II. und den Ersten Weltkrieg einschließ t.
Fragen zum Thema 1. Welche historischen Ereignisse ü bten einen wesentlichen Einfluss auf die Literatur des 20. Jahrhunderts aus? 2. Was wissen Sie ü ber das Leben und Schaffen von Heinrich Mann? 3. Warum kann man den Roman „Untertan“ als eine Warnung vor dem neuen Krieg betrachten? 4. Wie wird in „Buddenbrooks“ der „Verfall einer Familie“ gezeigt? Kapitel XX Die deutsche Literatur im 20. Jahrhundert II Wissen ohne Ehrfurcht, Bildung ohne Herz, ist eine der schlimmsten Sü nden wider den Geist. (Hermann Hesse)
Bernhard Kellermann (1879–1951), der bekannte deutsche bü rgerliche Schriftsteller, stammt aus einer wohlhabenden Beamtenfamilie. In seinen Jugendjahren studierte er Technik, Germanistik und Malerei, reiste sehr viel (Amerika, Asien, Japan, Westeuropa, Russland). All das kommt in seinem Schaffen deutlich zum Ausdruck. Die ersten Anfä nge seiner literarischen Tä tigkeit standen unter dem starken Einfluss des Impressionismus, der Neuromantik. Kellermann endet sein Leben als realistischer Meister der deutschen Prosa, als ü berzeugter Antifaschist. Der 1913 geschriebene Roman „Der Tunnel“ ist ein Wendepunkt im schriftstellerischen Werdegang des Bernhard Kellermann Dichters. Realistisch dargestellt ist hier der utopische Bau eines fü nftausendkilometerlangen transatlantischen Tunnels, der Europa und Amerika verbinden sollte. Kellermann verherrlicht die auß ergewö hnlichen Mö glichkeiten der amerikanischen Technik. Der Ingenieur Mac Allan, eine auß erordentlich starke Persö nlichkeit, leitet das gesamte Unternehmen, alles ist seinem Willen untergeordnet. Kellermann macht Mac Allan zum echten Helden der Zeit, wä hrend zahlreiche Opfer der hektischen Arbeit, die den Tunnel bauen, den Verfasser weniger interessieren. „Der Tunnel“ war das erste Werk, das der Schriftsteller dem brennenden Problem der kapitalistischen Entwicklung und den Leistungen dieser Entwicklung widmete. Dieses Buch brachte Kellermann Welterfolg. Ihm folgten andere Werke, wie „Die Brü der Schellenberg“ (1925) und „Die Stadt Anatol“ (1932), die mit dem „Tunnel“ eine eigenartige Trilogie bilden. Der Roman „Der Neunte November“ (1920) zeigt Kellermanns Position zu der bü rgerlichen Novemberrevolution in Deutschland. Das antimilitaristische Pathos des Romans machte das Buch gefä hrlich, und es war wä hrend der Naziherrschaft in Deutschland verboten und ö ffentlich verbrannt. 1948 erschien der Roman „Der Totentanz“, der dem Thema des Zweiten Weltkrieges gewidmet ist. Kellermann musste alle Grausamkeiten der Hitlerherrschaft in Deutschland miterlebt haben, um seine Stellungnahme entschlossen zu ä uß ern und die Unmenschlichkeit des Nationalsozialismus ö ffentlich zu enthü llen.
Kellermanns Werdegang zu einem ü berzeugten Antifaschisten ist der typische Weg eines deutschen Intellektuellen. Einen ä hnlichen Weg ist auch der Held des Romans Frank Fabian gegangen. Zu spä t aber kommt Frank zur Abrechnung mit dem Faschismus, alles, was ihm teuer war, hat er verloren, und er begeht den Selbstmord.
Erich Maria Remarque (1898–1970) ist ein weltbekannter bü rgerlicher antifaschistischer Dichter. Als Sohn eines Buchbinders geboren, ging Remarque unmittelbar aus der Schule in den Ersten Weltkrieg. Nach dem Kriege war er Lehrer, Kaufmann und Journalist. Zehn Jahre dauerten schwere und harte Prü fungen, eine mü hevolle, oft erfolglose Sorge um das Notwendigste. Diese zehn Jahre blieb Remarque seinem Wunsche treu, der Welt von dem grausamen Krieg zu erzä hlen, der Millionen Menschen vernichtete, kö rperlich und seelisch, wenn sie auch am Leben geblieben waren. 1929 verö ffentlichte der Schriftsteller seinen Antikriegsroman „Im Westen nichts Neues“, der zu einem der grö ß ten Bucherfolge der zwanziger Jahre wurde. Im Roman wird das Schicksal einer Soldatengruppe im Ersten Weltkrieg (1914–1918) gezeigt. Das Buch brachte Remarque Weltanerkennung. Die Verfilmung des Romans (1930) machte den Schriftsteller zum Chronisten der „verlorenen Generation“. Dem ersten Buch folgte „Der Weg zurü ck“ (1931), eine eigenartige Fortsetzung des ersten. Das Buch Erich Maria Remarque schildert das Schicksal der Kriegsheimkehrer, die nach Hause kommen und nicht wissen, was sie anfangen sollen. Die Erzä hlung behandelt die ersten Nachkriegstage und Nachkriegsjahre, bittere gegenseitige Entfremdung zwischen der Front und dem Hinterland. Auch das letzte Ideal, die Frontfreundschaft, ist verloren gegangen. Seit 1929 lebte Remarque meist im Ausland. Nach der Machtergreifung von Hitler verbrannten die Nazis Remarques beide Bü cher als erste und nahmen ihm die deutsche Staatsbü rgerschaft. Hitler bestrafte ihre Verbreitung und betrachtete sie als direkte antifaschistische Propaganda. Die Romane „Im Westen nichts Neues“, „Der Weg zurü ck“ und „Drei Kameraden“ (1938) bilden Einheit. Drei Hauptpersonen dieser Romane haben verschiedene Namen, aber das ist ein und derselbe Held. Alle drei Bü cher erzä hlen, was dieser Held in Deutschland wä hrend des Krieges und nach dem Kriege gesehen, erlebt und gefü hlt hat. Diese Bü cher sind eigentü mliche wahrheitsgetreue und humane Dokumente der Zeit. Remarque lebte ohne materielle Sorgen, im Luxus abwechselnd in der Schweiz und in den USA, die ihm 1943 die Staatsbü rgerschaft verliehen. Auch seine ü brigen Bü cher, die eine geschriebene deutsche Chronik von 1914 bis 1950 ergeben, – „Liebe deinen Nä chsten“ (1940), „Triumphbogen“ (1946), „Der Funke Leben“ (1952), „Zeit zu leben und Zeit zu sterben“ (1954), „Der Schwarze Obelisk“ (1956), “Die Nacht von Lissabon“ (1962) – wurden zum grö ß ten Teil Welterfolg. Remarque starb 1970 in Tessin (die Schweiz).
Hermann Hesse (1877–1962) gehö rt zu den namhaften Reprä sentanten der deutschen bü rgerlich-humanistischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Er war der Sohn eines Missionspredigers, entfloh aber dem Theologieseminar und begann eine Lehre als Buchhä ndler und Antiquar. Seit 1904 lebte Hesse als freier Schriftsteller in der Schweiz. Im Ersten Weltkrieg trat er als Pazifist auf. In Bern arbeitete er fü r das Rote Kreuz. In der Zeit des Nationalsozialismus gehö rte Hesse zu den Unerwü nschten und Verleumdeten. Nach 1945 trat er wiederholt fü r die Sicherung des Friedens ein. 1946 erhielt Hesse – neben mehreren anderen Literaturpreisen – den Nobelpreis fü r Literatur. Hesses Gesamtwerk setzte die Tradition der deutschen Romantik und des bü rgerlichen Realismus des 19. Jahrhunderts mit hohem Humanismus. Als Schü ler hatte der Dichter viele Schwierigkeiten, die durch Konflikte mit den Eltern ausgeprä gt waren. Hesse ging hä ufig von diesen eigenen Erfahrungen aus, wenn er in seinen Romanen Hermann Hesse darstellte, wie leicht man in bedrü ckende und scheinbar ausweglose Situationen gerä t und wie schwer es ist, sich aus eigener Kraft, aus Ä ngsten und Verstrickungen zu befreien. In seinen Romanen „Peter Camenzind“ (1904), „Demian“ (1919) und „Der Steppenwolf“ (1927) gestaltet Hesse seine individualistischen und idealistischen Helden voll Humor und Tragik, die ihren Platz in der bü rgerlichen Gesellschaft suchen. „Peter Camenzind“ gehö rt zur Gattung des Entwicklungsromans. Das ist eine melancholische, autobiographisch gefä rbte Schilderung eines Menschen bescheidener Herkunft, der musisch begabt und voll idealer Plä ne ist. Peter kann sich aber den Forderungen der bü rgerlichen Gesellschaft nicht anpassen und kehrt in seine dö rfliche Heimat zurü ck. Neben dem behü teten und hellen Leben im Elternhaus wird in „Demian“ die dü stere und gefä hrliche Auß enwelt gezeigt. Dem heranwachsenden Jungen, Emil Sinclair, ist die Aufgabe gestellt, den inneren Frieden und den eigenen Weg in der widerspruchsvollen Welt zu finden. Dabei hilft ihm sein Freund Demian. In dem Roman „Der Steppenwolf“ erzä hlt Hesse das Schicksal des Kü nstlers Harry Haller. Hier spiegelt sich die eigene Krisis des vereinsamten und verzweifelten Auß enseiters innerhalb seiner Klasse wider, der die Unzulä nglichkeit der bourgeoisen Ordnung mit dem Gespenst des Faschismus im Rü cken empfindet. Die Groß stadt ist fü r ihn eine Wü ste. Der zeitkritische philosophisch-utopische Roman „Das Glasperlenspiel“ (1943) stellt Krö nung Hesses Lebenswerkes dar. Der Magister Josef Knecht, der Hauptheld des Romans, kommt zur Einsicht, dass die Welt der Bildung nicht von der gesamten gesellschaftlichen Entwicklung abgetrennt werden darf. In seinem letzten Roman versucht der Autor Wissenschaft und Kunst, Denken und Fü hlen im Symbol des „Glasperlenspiels“ zu vereinen. Josef Knecht verlä sst diese Welt, weil sie den Ansprü chen des Lebens nicht gerecht werden kann.
Kurt Tucholsky (1890–1935) gilt als einer der bekanntesten und schä rfsten Satiriker der 20-er Jahre. Er wurde in der Familie eines jü dischen Kaufmanns in Berlin geboren. Tucholsky studierte Rechtswissenschaften an der Berliner Universitä t. Nach seinem Studium arbeitete er zunä chst als Bankangestellter. Im Ersten
Kurt Tucholsky Weltkrieg war er Soldat. Seit Anfang der 20-er Jahre lebte Tucholsky als freischaffender Schriftsteller zumeist in Frankreich und Schweden. Von 1913 bis zu ihrem Verbot 1933 war Tucholsky Mitarbeiter und spä ter Herausgeber der fortschrittlichen Zeitschrift „Weltbü hne“. Einen Teil der Beiträ ge dieser Zeitschrift schrieb er unter den Pseudonymen.
Tucholsky war ein kritischer Zeitgenosse. Er bekä mpfte den auflebenden Militarismus und drohenden Faschismus, sowie die Bü rokratie. In seinen Satiren tadelte der Journalist ebenso die Schwä chen der Weimarer Republik, wie er auch den deutschen Spieß er der Lä cherlichkeit preisgab. Er war nicht nur ein geistvoller Journalist, sondern schuf auch zahlreiche einfü hlende Gedichte. Zwischen 1911 und 1939 verö ffentlichte der Dichter ü ber achthundert Gedichte. Der funkelnde Witz und die ü berlegene Ironie seiner publizistischen Artikel, Essays, Chansons, Erzä hlungen blieben unvergleichlich. 1933 wurde Tucholsky aus Deutschland „ausgebü rgert“, seine Bü cher wurden von den Nazis verboten und verbrannt. Die Isolierung von seiner Heimat trieb den Schriftsteller in eine hoffnungslose Verzweiflung ü ber das Schicksal der deutschen Nation. Er sah keine Perspektiven mehr und wä hlte 1935 in Schweden den Freitod.
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