Röschen auf der Heide. Lenore
Rö schen auf der Heide Es sah ein Knab’ ein Rö slein stehn, Rö slein auf der Heiden. Sah, es war so frisch und schö n, Und blieb stehn, es anzusehn, Und stand in sü ß en Freuden.
Rö slein, Rö slein, Rö slein rot, Rö slein auf der Heiden!
Der Knabe sprach: „Ich breche dich, Rö slein auf der Heiden! “ Rö slein sprach: „Ich steche dich, Daß du ewig denkst an mich, Daß ich’s nicht will leiden! “
Rö slein, Rö slein, Rö slein rot, Rö slein auf der Heiden!
Doch der wilde Knabe brach Das Rö slein auf der Heiden; Rö slein wehrte sich und stach, Aber es vergaß darnach Beim Genuß das Leiden.
Rö slein, Rö slein, Rö slein rot, Rö slein auf der Heiden. Gleichzeitig mit Herder machte auch Gottfried August Bü rger (1747–1794) in Gö ttingen auf den unvergä nglichen Schatz der Volkspoesie aufmerksam. Bü rger war der Sohn eines Pfarrers. Er studierte Theologie, Jurisprudenz und Philosophie in Gö ttingen und war anschließ end als Dozent an der Universitä t in Gö ttingen tä tig. Das groß e Verdienst Bü rgers um die deutschen Literatur besteht vor allem darin, dass er ein neues literarisches Genre, die volkstü mliche Kunstballade, geschaffen hat. Die seit Jahrhunderten im Volke verbreiteten derben Balladen der Jahrmarktsä nger hat er in den Rang einer vollwertigen Dichtungsgattung erhoben. Damit schuf er die volkstü mliche Gottfried August Bü rger deutsche Ballade in ihrer klassischen Form, d. h. die Ver- schmelzung von Form und Gehalt zu einer Einheit. Bü rger musste unendlich viel an seinen Balladen und Gedichten arbeiten, um die Vollkommenheit zu erreichen. Sein Kunstprinzip war: klare, bestimmte, anschauliche Deutlichkeit und ü bersichtliche Ordnung des Stoffes in der Ballade. Seine bedeutendsten Balladen – „Lenore“ (1774), „Der wilde Jä ger“ (1786), „Des Pfarrers Tochter von Taubenhain“ (1782) – zeugen von seiner Anteilnahme an den Leiden des Volkes, von seiner Verbundenheit mit den Bauern und Plebejern. Oft las er seine Dichtungen vö llig ungebildeten Menschen aus dem Volke vor, um festzustellen, ob er sein Ziel erreicht habe und ob es ihm gelungen sei, an das Herz des einfachen Menschen zu rü hren.
Die Ballade „Lenore“ begrü ndete Bü rgers Dichterruhm. Sie ist besonders typisch dadurch, wie Bü rger Elemente alter Volkssagen mit wirklichen Ereignissen der Vergangenheit oder gar der unmittelbaren Gegenwart verknü pft und das ganze Geschehen mit packenden Worten in spannender Handlung vorfü hrt. Bü rger benutzte hier eine weit verbreitete Legende von der Macht der Liebesträ nen, welche den beweinten Toten aus dem Grabe locken. Der als tot beklagte Geliebte findet keine Ruhe und steigt aus dem Grabe, um sein Mä dchen zu holen. Bü rger bindet die phantastische Handlung der Sage an die unmittelbare Vergangenheit des Siebenjä hrigen Krieges und beschwö rt dadurch traurige Erinnerungen herauf. Wie die arme Lenore, so warteten Tausende deutscher Mä dchen vergebens auf die Heimkehr ihrer Verlobten aus dem Krieg. Wie Lenore verfluchte das Volk den Krieg, der nichts als Leid und Elend brachte. Deshalb ist die Ballade durchdrungen von entscheidender Ablehnung des Krieges und von tiefer Sehnsucht nach Frieden und irdischem Glü ck. Lenores Verzweiflung ist der Ausdruck eines spontanen Protestes des Volkes gegen Ungerechtigkeiten der feudalen Ordnung.
Hier sind einige Strophen aus der Ballade „Lenore“ dargestellt.
Lenore Lenore fuhr ums Morgenrot Empor aus schweren Trä umen: „Bist untreu, Wilhelm, oder tot? Wie lange willst du sä umen? “ – Er war mit Kö nig Fridrichs Macht Gezogen in die Prager Schlacht, Und hatte nicht geschrieben: Ob er gesund geblieben.
Der Kö nig und die Kaiserin, Des langen Haders mü de, Erweichten ihren harten Sinn, Und machten endlich Friede; Und jedes Heer, mit Sing und Sang, Mit Paukenschlag und Kling und Klang, Geschmü ckt mit grü nen Reisern, Zog heim zu seinen Hä usern. Und ü berall all ü berall, Auf Wegen und auf Stegen, Zog alt und jung dem Jubelschall Der Kommenden entgegen. Gottlob! rief Kind und Gattin laut, Willkommen! manche frohe Braut. Ach! aber fü r Lenoren War Gruß und Kuß verloren.
Die Mutter lief wohl hin zu ihr: ,, Ach, daß sich Gott erbarme! Du trautes Kind, was ist mit dir? “ Und schloß sie in die Arme. – „O Mutter, Mutter! Hin ist hin! Nun fahre Welt und alles hin! Bei Gott ist kein Erbarmen. O weh, o weh mir Armen! “
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